Wie es dazu kam, dass es kam, wie es kommen musste

Wann genau ich das erste Mal über Safran gehört habe, weiss ich nicht mehr so genau. Aber ich glaube mich erinnern zu können, dass es ein ganz normaler Tag auf der Redaktion der landwirtschaftlichen Zeitung „Schweizer Bauer“ war, als ich bei der morgendlichen Zeitungslektüre über einen Artikel über den Anbau von Safran in der Walliser Berggemeinde Mund gestolpert bin. Das muss in den Jahren 2008 oder 2009 gewesen sein. Safran hatte ich bis an hin eher im Mittleren Osten angesiedelt und jetzt sollte auf einmal eine kleine Dorfgemeinde ebenfalls Safran anbauen. Dies machte mich stutzig und ich begann der Sache etwas eingehender auf den Grund zu gehen. Und tatsächlich wird in der Gemeinde Mund seit Jahrhunderten erfolgreich Safran angebaut.
Safranfeld der Gemeinde Mund (Foto: wegwandern.ch)
Durch die Recherche habe ich herausgefunden, dass ebenfalls in Österreich, in Spanien und in vielen weiteren Regionen Europas Safran angebaut wurde. Da Chile über ein ähnliches Klima wie Spanien verfügt, reifte in mir langsam die Idee, Safran auch in Chile, vor ab in der Zentralregion, anzubauen. In Europa gibt es in der Zwischenzeit zahlreiche private Initiativen, um Safran wieder anzubauen. Der relativ hohe Anteil an Handarbeit lässt aber viele nach den ersten Jahren wieder aufgeben. Nur wenige haben den langen Atem, um die ersten Jahre der Durststrecke zu überstehen.

Schmuggeln unter dem Einsatz vom eigenen Leben
Im Falle von Mund muss man richtigerweise von einem Wiederanbau oder besser von einem Wiederentdecken sprechen, da bereits im Mittelalter Safran angebaut wurde. Der Anbau aber im ausgehenden 19. Jahrhundert praktisch zum Erliegen kam. Einige Familien haben sich aber auf die alte Tradition des Anbaus zurückbesinnt und begannen im 20 Jahrhundert mit dem Wiederanbau von Safran, und dies äusserst erfolgreich. Heutzutage erntet das kleine Bergdorf zwischen zwei bis drei Kilo pro Jahr und die Ware immer ist bereits vor der Ernte ausverkauft.
Schmuggler brachten die ersten Safranknollen in die Schweiz (Foto: Vorarlberger Landesbibliothek)

Der Legende zufolge haben heimkehrende Söldner im Mittelalter die Knollen in ihren Bärten über die Grenzen geschmuggelt. Die kostbaren Knollen mussten unter dem Einsatz des eigenen Lebens geschmuggelt werden, da darauf die Todesstrafe stand. Damals wie heute war und ist Safran ein kostbares Gut. Heutzutage wird das Kilo Safran teurer als das Kilo Gold gehandelt. Der Verkauf von Safran ist ein lukratives Geschäft. Da der Anbau und die Pflege von Safran aber ziemlich zeitaufwändig sind, stellten die Schweizer Bauern im ausgehenden 19. Jahrhundert den Anbau von Safran grösstenteils wieder ein.

«Auf und Davon» in Raten
Im Jahr 2010 bin ich zum ersten Mal nach Chile ausgewandert und hatte bereits im Hinterkopf die Idee irgendeinmal in Chile selber auch Safran anzubauen. Ich hatte eine Arbeitsstelle bei einer Reiseagentur gefunden und im April mit der Arbeit begonnen. Unglücklicherweise passierte kurz zuvor im Februar 2010 das verheerenden Erdbeben der Stärke 8.8 und legte das Tourismusgeschäft für mehrere Monate lahm. Bereits im November desselben Jahres bin ich wieder in die Schweiz zurückgekehrt. Mein erstes Abenteuer in Chile war nur von kurzer Dauer. Während meinem Aufenthalt in Chile hatte ich aber bereits Kontakt mit Thibault Paillard aufgenommen, welcher zu dieser Zeit der einzige war, der in Chile Safran anbaute. Er gilt als Pionier des Safrananbau in Chile. Bis heute stehen wir sporadisch in Kontakt. Er hat Chile bereits wieder verlassen und lebt jetzt mit seiner Familie wieder in Frankreich.
Zurück in der Schweiz habe ich mich dann wieder eingehend mit den Möglichkeiten des Anbaus von Safran auseinandergesetzt und im 2011 habe ich schliesslich meine erste Bestellung von 50 Knollen in Österreich getätigt und im eigenen Garten auf einigen Quadratmetern meine erste kleine Plantage angelegt. Das war der Grundstein für mein Abenteuer mit dem Roten Gold.

«Luxusknollen» aus Argentinien
Seit meinem Aufenthalt in Chile im 2010 war ich am Recherchieren und am Studieren wie ich Safranknollen in Chile erwerben kann. Bei einem Kauf im Ausland und anschliessender Importation nach Chile war mir der Aufwand und der Papierkram zu aufwändig - auch in Hinsicht  auf meine damals noch schwachen Spanischkenntnisse.
Meine ersten "Luxusknollen" aus Argentinien bereit zum Setzen.

Im 2016 hatte ich dann endlich einen Lieferanten aus Argentinien ausfindig machen können, der Safranknollen direkt nach Chile liefert und die Zollformalitäten erledigt. Dies war für mich der Idealfall, jedoch hatte es den Nachteil, dass der Preis pro Knolle relativ hoch war. Ich habe einen US-Dollar pro Stück bezahlt und kam mit einer Initialbestellung von 200 Knollen auf eine Investition von 2000 Dollar. Zu diesem Zeitpunkt überwogen für mich die Vorteile und das Wichtigste für mich war nun endlich mit der Plantage zu beginnen, Erfahrungen zu sammeln und mit der Vermehrung zu beginnen. Gleichzeitig mit dem Kauf der ersten Knollen haben wir im Februar unsere erste Parzelle gekauft. Ein halbe Hektare gross, mit einem kleinen Häuschen drauf und rund eine Stunde von Santiago entfernt. Klein aber fein und ideal, um erste Erfahrungen zu sammeln.

Die Sache kommt ins Rollen 
Der Weg zum Erfolg ist holprig und steinig, gezeichnet von Entbehrungen und Rückschlägen und schwierigen Momenten. Aber manchmal meint es das Schicksal auch gut mit dir. Angesichts des hohen Preises für die Luxusknollen aus Argentinien habe ich mich darauf eingestellt, dass die Ausweitung der Produktion Jahre in Anspruch nehmen würde, bis ich von den 200 Knollen auf die (kritische) Grösse von rund 50'000 Knollen gekommen wäre. Zwei Ereignisse haben aber den Ausbau der Plantage auf einen Schlag in andere Dimensionen katapultiert. Erstens hatte mich Paillard gegen Ende 2016 kontaktiert und mir eröffnet, dass er seine Knollen verkaufen möchte, da er nach Kanada weiterzieht. So habe ich im 2017 rund 500 Knollen von ihm erhalten, zu einem sehr guten Preis.
Die ersten Knollen habe ich im 2016 gepflanzt.

Und schliesslich habe ich im August 2018 nach einem Bericht im nationalen Fernsehsender TVN von Chile Kontakt mit Cristian Holzmann aufgenommen, welcher seit geraumer Zeit in der Weinbauregion Santa Cruz ein Projekt mit Safran betreibt. Er war auf der Suche nach einem Netzwerk von Kleinbauern, welche in einer Art Genossenschaft Safran zusammen anbauen und anschliessend verkaufen. Das interessante war, dass sie auch gemeinsam Knollen einkauften und da habe ich mich der Sache gerne angeschlossen. Im November haben wir schliesslich einen Kaufvertrag über 10'000 Knollen abgeschlossen. Damit hat sich meine Planung innerhalb weniger Monate komplett verschoben, aber in die gute Richtung. Ich bin sozusagen über Nacht von der Regionalliga in die Championsleague aufgestiegen.

Mein Fazit heute im August 2019 ist, dass ich bis an hin wertvolle Erfahrungen gesammelt habe und mit dem letzten Ausbau auf 10'000 Knollen auf dem richtigen Wege bin. Die nächsten zwei Jahre werden noch eine Durststrecke sein, weil ich die meiste Zeit in den Ausbau und Pflege der Kulturen investieren muss und die erste grössere Ernte ich erst in zwei, drei Jahren erwarte.

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